50 Jahre HipHop! Unesco Kulturerbe! Mein „WWTC“-Interview
In diesem Jahr wird die Jugend- und Musikkultur Hip-Hop 50 Jahre alt. Das ist allgemein bekannt und wird von allen gefeiert, die sich dafür interessieren und für die das Ganze nicht erst seit 2010 ein Thema ist. Für mich hat dieses “neue Ding aus New York” viel bewirkt, mein Leben verändert und mir Selbstvertrauen gegeben. Ich bin von “Kiel nach Biel zu jedem Jam gefahren” und dafür bin ich sehr dankbar.
Vor einiger Zeit haben mich Falk Schacht, René Kästner und Ron Schindler kontaktiert, unter anderem wegen meines #wasdaloswar-Materials auf YouTube. Sie überlegten, Szenen meiner Arbeit in ihre neue Arte-Dokumentation “We Wear The Crown” einzubauen – was ich natürlich ziemlich cool fand und gerne mit dem Originalmaterial unterstützte.
Der Kontakt wurde mit der Zeit immer enger und irgendwann fragten sie mich, ob ich nicht Lust hätte, ein paar Fragen zu beantworten und – spätestens in der zweiten Staffel der Dokumentation – auch persönlich ein bisschen was zu erzählen. Über mein Aufwachsen als Kind vom Land in und mit der damals noch jungen Hip-Hop-Kultur in Deutschland, wie ich Mitglied der Zulu Nation in New York wurde, über die Dinge, die ich gemacht habe, über Veranstaltungen, die ich besucht habe und über das, was ich dazwischen erlebt habe. Was eine ganze Menge ist, wie sich herausstellte.
Das zuvor erwähnte Interview mit mir wurde vor gut anderthalb Jahren in Köln gedreht. Mitten in der Corona-Pandemie. Bei den Dreharbeiten im Kölner Studentenviertel habe ich MC René nach vielen Jahren wieder getroffen. Schon alleine dafür hatte es sich gelohnt, zu diesem “Nachzügler”-Dreh zu fahren.
Ich fand das alles aufregend und freute mich über die Aufmerksamkeit, zumal ich immer “der Junge mit dem Fotoapparat” war, der Fotos und Videos machte – zu einer Zeit, als die Kameras für den Hausgebrauch noch so groß waren wie ein kleiner Toaster. Ich war kein herausragender DJ, so gar kein MC, kein B-Boy und malen konnte ich auch nicht so richtig. Aber ich wollte dabei sein, dazugehören und etwas für diese neue Sache tun, die uns zusammenbrachte und aus Fremden aus ganz Deutschland einen Freundeskreis machte. Auch wenn es am Anfang ein eher egoistischer Grund war, die Kamera dabei zu haben – ich wollte Erinnerungen festhalten. Für mich in erster Linie. Dass ich 20 Jahre später damit Menschen auf YouTube – Künstler und auch Fans begeistern würde, konnte ich damals noch nicht.
Hip-Hop war mir wichtig. Alles, was uns diese Musikkultur brachte und was wir damit verbanden, war gut. Ausnahmslos. Gleichgesinnte zu treffen, Teil von etwas Großem zu sein, Werte zu vermitteln und zu respektieren, zu reisen, die Welt zu sehen und für das, was man tut, respektiert zu werden – all das kannte ich vorher nicht und ich habe es aufgesogen wie ein sehr trockener Schwamm.
Als ich 1993 Mitglied der Zulu Nation in New York wurde, aufgenommen und “approved” von meinem Mentor Michael “Lucky Strike” Corral und Grandmixer DST, der auch ein wichtiger Teil der Organisation in New York war, ging ein Traum für mich in Erfüllung.
Wenig später lernte ich langsam die damals relevanten Protagonisten der noch jungen HipHop-Kultur in Deutschland kennen. Scope und Tuareg (STF) wurden Freunde und nahmen mich damals unter ihre Fittiche, schleppten mich, der ich ab 1998 auch in Köln wohnte, zu Events, Konzerten und Jams … wo ich dann nach und nach alle kennenlernte, nicht zuletzt durch meine Arbeit für das Juice Magazin, die in meinen Augen eine Rolle spielte. Ich habe auch viel Zeit im Panthertainment-Büro oder im WordCup-Studio verbracht. Wir waren bei Videodrehs, bei Jams, beim splash! Festival, in New York beim Zulu Nation Anniversary, in Würzburg beim Easter Jam – und “any given weekend” in und um Köln unterwegs. Rückblickend waren diese Jahre (mit) die besten meines Lebens. Aus diesen und ein paar anderen Gründen. Wer mehr davon sehen möchte, der kann nach #wasdaloswar suchen und sich meine Videos hier auf meinem privaten Account anschauen.
Heute, rund 25 Jahre später, leben wir in einer Zeit, in der Agenturen das Image “HipHop” an Unternehmen verkaufen und sich als Experten und Kenner der Szene ausgeben, ohne die wahren Werte zu respektieren – denn mit “each one, teach one” oder “Peace, Love, Unity and having fun” lässt sich kein Geld verdienen. Und genau darum – und nur darum – geht es.
Es hat nichts mehr mit den traditionellen Werten oder gar dem Kodex der Zulu Nation zu tun, wenn irgendein Chart-Rapper eine Pizza in die Läden bringt, einen Eistee oder – was ich noch schwieriger finde – ein alkoholhaltiges Getränk. Dann ist das nicht HipHop – eine kreative und weitgehend saubere Jugendkultur, die aus all dem Scheiß entstanden ist, der damals in New York dazu beitrug, dass man sein Leben nicht so gestalten konnte, wie man es wollte und verdient hätte. Dazu gehörten neben Gewalt und Gangkultur auch Alkohol und Drogen aller Art. Wenn man HipHop ab diesem Zeitpunkt wahrgenommen und sich damit beschäftigt hat, ist es immer ein wenig befremdlich, wenn man – egal ob in Deutschland oder anderswo auf der Welt – sieht, wie die Idole meiner oder einer jüngeren Generation für ihren eigenen Wodka oder Whiskey werben. Aber vielleicht geht es nur mir so.
Warum ich gerade jetzt den richtigen Zeitpunkt für die Veröffentlichung dieses Interviews mit mir sehe? Bis verbindet mich ein freundschaftliches Band mit den “Urvätern” des HipHop in Deutschland und wenn man sich nach vielen Jahren wieder trifft, ist es, als hätte man erst gestern gemeinsam die B-Boys beim Original Battle of the Year gesehen – in kleinen Hallen irgendwo in Europa – oder in irgendwelchen Backstage-Areas gechillt.
Köln und Heidelberg haben für mich immer eine große Rolle gespielt, weil von dort Leute kamen und kommen, die für mich persönlich, aber auch für den HipHop in Deutschland wichtig waren.Torch, Toni, Cora, Mar und Chris Stieber, GeeOne, BouBou waren ebenso wie die Kölner Jungs jahrelang fast wöchentlich Teil meines noch jungen Lebens.
Deshalb hat es mich sehr gefreut, als ich vor wenigen Tagen erfahren habe, dass “Hip-Hop aus Heidelberg” von der UNESCO als immaterielles Kulturgut anerkannt wurde. Eine wertvolle Auszeichnung, die zeigt, wie wichtig die Stadt und die aus ihr hervorgegangenen Künstler – und damit meine ich alle Künstler und Protagonisten – für den HipHop waren. In diesem Spiegel-Artikel kann man das Ganze noch einmal etwas konkreter nachlesen.
Mir persönlich und einigen anderen, die ich kenne, wäre es natürlich lieber gewesen, die Unesco hätte “HipHop in Deutschland” geehrt, also alle Künstler, die dazu beigetragen haben, dass Rap-Musik und die anderen Elemente bis heute eine Relevanz haben. Abseits der Chart-Rapper und der großen Labels. Aber gut. Immer einen Schritt vor dem anderen.
Für mich ist es also genau der richtige Zeitpunkt, im 50. Jubiläumsjahr der ursprünglichen Kulturbewegung und kurz nach der Unesco-Sache, dieses Interview zu veröffentlichen, dessen Produktion mir wie immer sehr viel Spaß gemacht hat. Wie immer habe ich viel Material rein gepackt, damit es für euch auch interessant bleibt, wenn ich wie immer sehr viel rede 😉
Es ist also genau der richtige Zeitpunkt, dieses Video zu veröffentlichen. Nicht nur, weil ich mich gerne reden höre und auch ein bisschen Angst habe, dass diese Fragen unbeantwortet bleiben, sondern auch, weil ich mir die Fragen von künstlicher Intelligenz, einer sogenannten KI, stellen lasse.
Das ist heutzutage zugegebenermaßen nichts Besonderes. Aber es ist meine Art, in diesem Bereich alles auszuprobieren. Und wenn ein menschlicher Sidekick oder Interviewpartner fehlt, warum dann nicht eine KI?
Ich hoffe, ihr habt Spaß und abonniert diesen neuen Kanal, den ich ich Zukunft aktiv mit Content füllen werde.